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BGH zu Versicherungsprämien, Ratenzahlungszuschlägen und Kreditgewährung

Mitteilung der Pressestelle des Bundesgerichtshofs Nr. 024/2013 vom 06.02.2013

Die vertraglich vereinbarte unterjährige Zahlung von Versicherungsprämien mit Ratenzahlungszuschlägen ist keine Kreditgewährung

Der für das Versicherungsvertragsrecht zuständige IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, dass die vertraglich vereinbarte unterjährige Zahlungsweise von Versicherungsprämien kein entgeltlicher Zahlungsaufschub und damit keine Kreditgewährung im Sinne der für Verbraucherdarlehensverträge geltenden Vorschriften des Verbraucherkreditgesetzes bzw. des BGB ist.

Bei dem heute verhandelten Verfahren handelt es sich um eines von vielen, die dem Senat zur Klärung dieser Frage vorliegen. Ihr kommt erhebliche Bedeutung zu, weil sich danach bestimmt, ob die Regelungen, die bei Verbraucherdarlehensverträgen gelten, auch auf Versicherungsverträge Anwendung finden. Von der Beantwortung dieser Frage hängt etwa ab, ob der effektive Jahreszins anzugeben ist und, wenn dies nicht geschieht, nur der gesetzliche Zinssatz gefordert werden kann, ferner ob dem Versicherungsnehmer ein Widerrufsrecht nach den für Verbraucherdarlehensverträge geltenden Vorschriften zusteht und ob ein Verstoß gegen § 6 Preisangabenverordnung vorliegt.

Die Kläger unterhalten bei der Beklagten Kapital-Lebensversicherungen. Sie zahlten die Versicherungsprämien jeweils in monatlichen Raten. Den Versicherungsverträgen liegen Allgemeine Bedingungen für die kapitalbildende Lebensversicherung  zu Grunde. Der hier maßgebliche § 4 bestimmt, dass die Beiträge durch jährliche Beitragszahlungen zu entrichten sind, der Versicherungsnehmer nach Vereinbarung aber auch die Jahresbeiträge in halbjährlichen, vierteljährlichen oder monatlichen Raten zahlen kann, wofür Ratenzahlungszuschläge erhoben werden. Die Kläger sind der Auffassung, dass es sich bei der Vereinbarung unterjähriger Prämienzahlung mit Erhebung von Ratenzahlungszuschlägen um einen entgeltlichen Zahlungsaufschub handele. Da der effektive Jahreszins in den Vertragserklärungen nicht angegeben wurde, dürfe nur der gesetzliche Zinssatz berechnet werden. Mit der Klage beantragen sie im Wege der Stufenklage insbesondere die Erstellung von Beitragsrechnungen mit Ratenzahlungszuschlägen in Höhe eines maximalen effektiven Jahreszinssatzes von  4 %.  Das Amtsgericht hat die Klage ab- und das Berufungsgericht die Berufung zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Revision  der Kläger, mit der sie ihre ursprünglichen Anträge weiterverfolgen.

Mit dem heutigen Urteil hat der Bundesgerichtshof die Revision zurückgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt:

Bei der vertraglich vereinbarten unterjährigen Zahlungsweise der Versicherungsprämien handelt es sich nicht um eine Kreditgewährung in Form eines entgeltlichen Zahlungsaufschubs nach § 1 Abs. 2 VerbrKrG, § 499 Abs. 1 BGB a.F. (nunmehr § 506 Abs. 1 BGB). Ein solcher läge nur vor, wenn die Fälligkeit der vom Versicherungsnehmer geschuldeten Zahlung abweichend vom dispositiven Recht gegen Entgelt hinausgeschoben würde, um ihm die Zahlung der vereinbarten Prämien zu erleichtern. Das ist aber nicht der Fall. Die vertragliche Regelung einer Zahlung der Versicherungsprämien in Zeitabschnitten weicht nicht vom dispositiven Recht ab, denn es gibt im Versicherungsvertragsgesetz keine gesetzliche Regelung zur Fälligkeit der Folgeprämien, und die unterjährige Zahlung von Folgeprämien entspricht dem maßgeblichen § 271 Abs. 1 BGB über die frei vereinbare Leistungszeit und damit die Fälligkeit der Versicherungsprämien. Auch wenn die Parteien vereinbart haben, dass die Versicherungsbeiträge grundsätzlich zu Beginn eines jeden Versicherungsjahres fällig sind, können sie abweichend davon eine unterjährige Zahlungspflicht mit entsprechender Fälligkeit bestimmen, denn es macht inhaltlich keinen Unterschied, ob dem Versicherungsnehmer zunächst eine Jahresprämie angeboten und ihm dann abweichend davon die Möglichkeit unterjähriger Zahlung eingeräumt wird oder ob eine unterjährige Zahlungsweise von vornherein vorgesehen ist.

Urteil vom 6. Februar 2013

IV ZR 230/12

LG Karlsruhe vom 23. Mai 2012 – 1 S 133/11

AG Maulbronn vom 15. Juli 2011 –  3 C 3/11

Karlsruhe, den 6. Februar 2013

§ 1 Abs. 2 Verbraucherkreditgesetz in der Fassung vom 17. Dezember 1990

Kreditvertrag ist ein Vertrag, durch den ein Kreditgeber einem Verbraucher einen entgeltlichen Kredit in Form eines Darlehens, eines Zahlungsaufschubs oder einer sonstigen Finanzierungshilfe gewährt oder zu gewähren verspricht.

§ 499 Abs. 1 BGB in der Fassung vom 2. Januar 2002

Die Vorschriften der §§ 358, 359 und 492 Abs. 1 bis 3 und der §§ 494 bis 498 finden vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 entsprechende Anwendung auf Verträge, durch die ein Unternehmer einem Verbraucher einen entgeltlichen Zahlungsaufschub von mehr als drei Monaten oder eine sonstige entgeltliche Finanzierungshilfe gewährt.

§ 506 Abs. 1 BGB

Die Vorschriften der §§ 358 bis 359 a und 491 a bis 502 sind mit Ausnahme des § 492 Abs. 4 und vorbehaltlich der Absätze 3 und 4 auf Verträge entsprechend anzuwenden, durch die ein Unternehmer einem Verbraucher einen entgeltlichen Zahlungsaufschub oder eine sonstige entgeltliche Finanzierungshilfe gewährt.

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